November 15, 2020

Geschwisterkinder – Wie Du die Bindung zwischen Deinen Kindern positiv beeinflusst

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Viele von euch wünschen sich zwei oder mehr Kinder oder haben sie bereits. Das ist total schön, schließlich ist Deutschland nicht als geburtenfreudiges Land bekannt. Auch wenn sich das in den letzten Jahren ja zum Glück Stück für Stück ändert. 🙂

Ein zweites, drittes oder x-tes Kind bedeutet meist zunächst unheimliches Glück und Freude für die Familie. Nicht nur für euch als Eltern, sondern auch für die schon vorhandenen Kinder ändert sich mit der Geburt eines weiteren Kindes alles! 

In diesem Beitrag möchte ich Dir Tipps für die Zeit nach der Geburt eines Geschwisterchens mitgeben. Ich möchte Dir aufzeigen, wie sich die Rollen auch für Deine Kinder verändern, welche Konflikte entstehen können und wie Du die Bindung zwischen den Geschwisterchen aktiv förderst.

Das Geschwisterchen als neuer Spielpartner

Wie schön die Vorstellung, wenn das größere Kind eine*n Spielpartner*in hat. Die beiden können sich stundenlang zusammen beschäftigen, was bauen, Rollenspiele spielen. Kuscheln, aufeinander aufpassen, gemeinsam Abenteuer erleben, doch auch Konflikte ausstehen und bewältigen lernen. Die Entscheidung, ein zweites Kind zu bekommen, trefft ihr als Eltern. Das ist richtig und natürlich so und doch wahrscheinlich nicht unbedingt das, was sich das Erstgeborene sehnlichst wünschen würde. Natürlich gibt es sie, die Kinder, die sich nichts schöneres vorstellen können, als ein Geschwisterchen zu bekommen. Doch häufig treten Konflikte auf, auch wenn das Geschwisterchen freudig erwartet wurde. 

Geschwisterkrisen sind normal

Sicher hast Du auch Idealbilder im Kopf, dass Deine Kinder wie Pech und Schwefel zusammenwachsen. Hanni & Nanni, Max & Moritz, Ida & Michel, Vorbilder gibt es wahrlich genug 🙂 

Vielleicht fragst Du dich gerade, was der optimale Altersabstand wäre. Vielleicht bist Du oder Deine Partnerin bereits gerade schwanger mit Nr.2 und ihr sorgt euch vor der bevorstehenden Zeit. Oder vielleicht stellt ihr euch die Frage, wie ihr das größere Kind optimal auf die Ankunft von Nr.2 vorbereiten könnt.

Lasst euch eins gesagt sein: Auch mit optimaler Vorbereitung können Geschwisterkrisen auftreten und sind auch völlig normal. Eifersucht, Neid, Konkurrenzen, Aggressionen gegenüber dem jeweils anderen Geschwisterkind sind nur einige der Probleme, die entstehen können. 

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Auch euer großes Kind bekommt ein Baby

Als ihr euer erstes Baby bekommen habt, hat sich euer Leben auf den Kopf gestellt. Einfach alles hat sich verändert! Ihr seid in ein neues Universum eingetaucht, das Leben als Paar veränderte sich, denn plötzlich ist da einer mehr. Auch wenn ihr rational wusstet, was auf euch zukommt, hat sich emotional doch eine ganz schöne Erschütterung eingestellt. So geht es nun auch eurer Nummer 1. Das Leben, was euer großes Kind bisher kannte, verändert sich durch die Geburt eines Geschwisterchens komplett. Bisher war es der Mittelpunkt in eurem kleinen Trio, alles drehte sich um ihn/sie. Nun wird eure Zeit natürlich sehr stark durch das neue Baby beansprucht und es muss euch teilen.

Woher soll euer großes Kind wissen, dass ihr es noch genauso liebt? Obwohl da jetzt ein zweites, hilfloses Wesen ist, das gänzlich an Mama klebt und auf die Unterstützung angewiesen ist? Man nennt das auch die “Entthronung” , die nachgeburtliche Geschwisterkrise.

Das Geschwisterchen als erste Lebenskrise

Ein Geschwisterchen zu bekommen ist quasi eine der ersten großen Lebenskrisen für ein älteres Kind. Es kann diese bewältigen und und die Bewältigung wird sich in den meisten Fällen positiv auf euer älteres Kind auswirken, aber es benötigt eure Begleitung und Unterstützung dabei.

Trotz aller Vorbereitung kann die Geburt eines zweiten Kindes für euer Großes ein Schock sein, der auf unterschiedliche Weise verarbeitet wird. Die möglichen Reaktionen sind vielfältig: 

  1. Euer großes Kind verhält sich aggressiv gegenüber dem Geschwisterchen, gegenüber Euch, hat eine geringe Frustrationstoleranz und starke Gefühlsstürme.
  2. Euer großes Kind verhält sich regressiv, also “babyhaft”, möchte wieder gewickelt werden, möchte auch ein Fläschchen oder Stillen und ist plötzlich wieder ganz klein.
  3. Euer großes Kind zieht sich zurück, lässt euch in Ruhe, spielt still und in Ruhe und lässt sich eigentlich nichts anmerken. 

Es kann natürlich auch sein, dass euer Kind zwischen diesen Arten der Verarbeitung wechselt oder keine dieser Strategien zeigt.

Rollen in der Familie müssen neu gefunden werden

Wichtig ist bei jeglichem Verhalten eure Haltung: Seid euch bewusst, dass Euer großes Kind gerade keine andere Möglichkeit hat, um mit der riesigen Veränderung umzugehen! Euer großes Kind spürt trotz Freude über das Baby auch großen Schmerz: Es muss Mama plötzlich teilen! Hat Mama mich noch genauso lieb wie vorher? Auch wenn der andere Elternteil versucht, viel für das große Kind da zu sein, kann es sein, dass euer Großes doch aber trotzdem lieber Mama will! Hier möchte ich nochmal an meinen Beitrag zum Thema Bindung erinnern: Möglicherweise steht nicht “das andere Elternteil” an erster Stelle und euer großes Kind muss seine neue Position noch überprüfen und herausfinden. In der Familie entsteht eine neue Rollenverteilung und jede Position muss sich neu finden.

Jedes Verhalten ist der Ausdruck für das dringende Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, Verständnis und Anerkennung. Ein Ausdruck für die Unsicherheit, die die Geburt ausgelöst hat. Die Suche nach Aufmerksamkeit meine ich völlig ohne negative Betonung. Sie ist essentiell wichtig für alle Kinder und genau richtig. Unsere Kinder wollen, nein müssen, sich von uns gesehen fühlen, um sich sicher und geborgen zu fühlen! 

Bindung zwischen Geschwistern ist nicht biologisch vorgegeben!

Sicher wünscht Ihr euch als Eltern, dass sich die Geschwister gut verstehen und sie eine innige Beziehung zueinander haben werden. Dabei wird häufig übersehen, dass auch hier ein Bindungsaufbau gefördert werden muss. Die Bindung zwischen Geschwistern ist nicht allein durch biologische Verwandtschaft garantiert vorhanden! Es ist Eure Verantwortung als Eltern diesen Bindungsaufbau zu ermöglichen, zu fördern und zu erhalten. Das gelingt nicht, indem Ihr von den Großen stets verlangt, “jetzt doch bitte mal lieb zu dem Geschwisterchen” zu sein oder Verantwortung übertragt, die vielleicht noch zu schwer zu tragen ist für euer Großes. Es wird nicht gelingen, indem Ihr Konkurrenzen und Machtverhältnisse fördert wie zum Beispiel durch Spiele “Wer ist schneller angezogen?” o.ä.. Das kann zu Schwierigkeiten führen.

Bei dir als Mama kann es große Schuldgefühle auslösen, wenn sich euer großes Kind mit seiner Wut gegen Dich richtet. Du hattest das Baby im Bauch, Du scheinst schuldig an der Situation zu sein, dass euer großes Kind sich abgeschoben, ausgeschlossen fühlt. Werde Dir deiner eigenen Gefühle dabei bewusst. Es ist okay, wenn Du traurig, erschöpft und verzweifelt über die Situation bist. 

Besondere Vorsicht ist geboten bei still leidenden Kindern, die die Geburt des Geschwisterchens vermeintlich angenehm unkompliziert wegstecken. Ihr solltet euer Kind gut beobachten! Häufig leiden diese Kinder mehr, als die Kinder, die das mit stark externalisierten, also nach außen sichtbaren Verhalten zeigen! Sie reißen sich zusammen und leiden in Stille, um die Liebe ihrer Eltern nicht noch mehr aufs Spiel zu setzen. Sichtbar wird solches Verhalten z.B. durch in sich zurückgezogenen oder in sich gekehrt sein, ggf. extremes Haare zwirbeln, Nägel kauen oder ähnliches. Beobachte Dein Kind gut und hole Dir ggf. professionelle Hilfe, wenn Du Dir Sorgen machst.

5 Tipps für die Zeit nach der Geburt eines Geschwisterchens 

Es ist eine Daueraufgabe für Euch als Eltern, die Bindung zwischen euren Kindern zu fördern. Um Dich in der ersten Phase nach der Geburt eines Geschwisterchens zu unterstützen, möchte Dir nachfolgend 5 wertvolle Tipps mit auf den Weg geben:

Tipp 1: Aggressionen begleiten

Wenn Dein großes Kind sich aggressiv gegenüber dem Baby oder euch als Eltern verhält, dann ist auch das Ausdruck der Verunsicherung angesichts der großen Krise, die eingetreten ist. Auch wenn sich die Aggression gegen Dich als Mutter richtet und dies in Dir ebenfalls Wut und Verzweiflung auslöst: Am wenigsten kann Dein Kind Schimpfen und Bestrafung gebrauchen. Eher benötigt es eine Bestätigung dafür, dass es immer noch bedingungslos geliebt wird, trotz der Ankunft des Geschwisterchens. Was kannst Du also tun? Unterbinde die Situation und benenne, was Du wahrnimmst. Du kannst zum Beispiel sagen “Stopp, hier wird nicht gekratzt, aber ich sehe, dass Du wütend bist. Was brauchst Du?” Mach Dir bewusst, dass die Aggression eine Reaktion auf die Rollenfindung Deines großen Kindes sein kann. Schau auch nochmal in meinem Beitrag zum Thema Autonomiephase vorbei. 

Tipp 2: Schenke Deinem Kind Deine echte Aufmerksamkeit 

Ihr braucht keine besonderen Events wie Zoo, Kino, etc. veranstalten. Für Dein älteres Kind ist es wichtig, dass Du immer wieder im Alltag wirklich für es da bist. Beobachte mal selbst, wie oft Du es (vermeintlich minimal) zurückweist (“Ich kann gerade nicht, Dein Bruder braucht gerade…”, “Gleich mache ich das”, “Das kannst Du doch bestimmt schon…”). Schenke Deinem Kind echte Aufmerksamkeit in Form von gemeinsam spielen, vorlesen, gemeinsam in der Küche was zubereiten etc. das Baby kann bei dem anderen Elternteil oder im Tuch z.B. dabei sein. 

Tipp 3: Regressionen zulassen und Nachholbedürfnisse befriedigen

Daumen nuckeln, obwohl es das noch nie / schon länger nicht mehr getan hat, gewickelt werden wollen, wieder einnässen, kurz: wie ein Baby umsorgt werden wollen: Das alles lässt sich unter regressivem Verhalten zusammenfassen und ist völlig normal bei Geburt eines Geschwisterchens. Du solltest diese Nachholbedürfnisse wertfrei befriedigen! Es ist nicht hilfreich, wenn Du deinem Kind sagst: “Du bist schon groß, Du brauchst das nicht”. Dein Kind ist in diesem Moment so kompetent, dir zu zeigen, dass es GENAU das jetzt braucht. 

Tipp 4: Das ältere Kind einbinden

Kinder wollen gebraucht werden und am Alltag mitwirken. Mit echten Aktivitäten und echter Einbindung. Wobei kann dir das ältere Kind wirklich helfen und Dich unterstützen? Kann es z.B. aussuchen, welchen Body das Baby anziehen soll oder welches Kuscheltier das Baby zum Trost braucht? Beim Wickeln helfen, indem es eine Windel bringt oder auch mit einem Feuchttuch nachwischt?

Tipp 5: Unterstützung im Umfeld suchen

Wer kann euch in der Zeit nach der Geburt unterstützen? Kann jemand vorbeikommen, um nach dem Baby zu sehen, während Du dich mal für 30 Minuten mit dem älteren Kind beschäftigst? Gibt es Großeltern oder Freunde in der Nähe? Falls Du niemanden hast, gibt es in den meisten Städten sogenannte “Wellcome”-Standorte, die dir für die erste Zeit nach der Geburt (auch schon beim ersten Kind) eine ehrenamtlich tätige Person zur Seite stellen. 

Mit diesen Tipps legst Du eine gute Basis um Konflikte nach der Geburt zu vermeiden und um die Beziehung zwischen Deinen Kindern zu fördern. Für mehr Input zu dem Thema kann ich Dir auch noch "Das Geschwisterbuch" (Danielle Graf & Katja Seide) empfehlen. 

Hinterlass mir gern Deine Erfahrungen in den Kommentaren.

Deine Annika

Know-Wow

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Hi, ich bin Annika, Expertin für frühkindliche Entwicklung und Spezialistin für die Beratung von Familien. Ich zeige dir, wie du dein Kind friedlich und bedürfnisorientiert durch die Autonomieentwicklung ("Trotzphase") begleitest.

Bedürfnisorientiert. Selbstbestimmt. Ganzheitlich.

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