August 3, 2020

Wie Du eine intensive Bindung mit Deinem Kind aufbaust

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Alle sprechen immerzu davon, wie wichtig es ist, dass Dein Kind eine sichere Bindung zu Dir aufbaut. Überall wird betont, dass eure Bindung das Wichtigste zwischen euch ist und dass es für sein späteres Leben so wichtig ist, sicher gebunden zu sein. Das kann ganz schön Druck aufbauen. Vielleicht bist Du gerade schwanger oder hast gerade ein Baby bekommen und fragst Dich, wie denn eigentlich Bindung entsteht. 

Bindung ist ein Grundbedürfnis

Zunächst ist es für Dich aber erst einmal wichtig zu verstehen, welche Bedeutung eine sichere Bindung für Dein Kind hat und was sie ausmacht. 

Grundsätzlich beschreibt Bindung das emotionale Band zwischen einem Kind und seiner primären Bezugsperson und gehört zu den Grundbedürfnissen eines Kindes. Es beschreibt den Wunsch, enge Beziehungen einzugehen und sich in Liebe und Geborgenheit zu bewegen. Das Bedürfnis nach Bindung ist faktisch gesehen eine Überlebensstrategie deines Kindes: Ohne die Bindungssignale, die ein Neugeborenes aussendet, hätte es früher nicht überleben können. Eine sichere Bindung ist der beste Schutzfaktor für schwierige Situationen und der beste Förderfaktor für die ganzheitliche Entwicklung des Kindes. 

Dein Baby zeigt von Anfang an, dass es eine intensive Bindung sucht

Evolutionär gesehen verfügt jeder Mensch über ein angeborenes Verhaltensrepertoire, um seine Bezugspersonen auf sich aufmerksam zu machen. Das umfasst in den ersten Lebensmonaten z.B. Weinen, Nähe-Suchen und Anklammern. Unsere Kinder sind so früh schon so kompetent und können damit auf sich aufmerksam machen. Sie zeigen, dass sie uns brauchen. Und wir sind genetisch so gepolt, dass das Bindungsverhalten des Babys, also die Signale eines Neugeborenen, uns dazu veranlasst, darauf zu reagieren. Bindung entsteht dann, wenn auf dieses Verhalten liebevoll reagiert wird. Diese emotionale Reaktion und Verfügbarkeit brauchen Menschen ebenso stark wie Luft zum Atmen und Nahrung zum Essen. 

Wir sind schon genetisch auf eine intensive Mutter/Papa-Kind Bindung ausgerichtet.

Das Bindungsverhalten deines Babys und deine Reaktion darauf sind fein aufeinander abgestimmte, genetisch verankerte Verhaltenssysteme. Babys sind von Anfang an soziale Wesen: Schon in den ersten Lebenstagen wird dies durch feine, wechselseitige Interaktionen deutlich: Die Blicke, stimmliche Äußerungen und Berührungen, die zwischen Mamas/Papas und Kindern ausgetauscht werden haben eine ganz bestimmte Passung miteinander, die dazu führt, dass sich eine Bindung zwischen euch entwickeln kann. Das gelingt nämlich dann, wenn Du als Bindungsperson feinfühlig auf die Signale reagierst. Diesen Satz hast du schon häufig bei mir gehört, daher möchte ich gerne einmal darauf eingehen, was das eigentlich bedeutet.

Feinfühligkeit als wesentlicher Faktor für die Kindesentwicklung

Ich betone Feinfühligkeit und feinfühlige Reaktionen sehr häufig, denn aus diversen Studien wissen wir, dass sie für eine gesunde psychische Entwicklung unheimlich wichtig ist. Der Fachbegriff dahinter ist die sogenannte “Responsivität”: Letztlich geht es hierbei um die Abstimmung unseres Verhaltens und Reaktionen auf die Bedürfnisse des Kindes. Wie gut antworten wir mit unseren Reaktionen auf das, was das Kind benötigt? Wie treffsicher interpretieren wir, was das Baby gerade braucht? Ist es Hunger? Ist es Nähe? Oder braucht es Anregung?

Diese Feinfühligkeit wird als ein entscheidender Faktor für die Entwicklung von Kindern bis drei Jahren angesehen. Du siehst, wie wichtig es ist, dass Du die Signale Deines Kindes richtig interpretierst.

Insgesamt müssen drei Dinge müssen erfüllt sein, damit man die Reaktion als „feinfühlig“ beschreiben kann: 

  1. Du erkennst die Signale deines Babys 
  2. Die Signale werden von Dir angemessen interpretiert
  3. Du beantwortest sie prompt

Eure Bindung zueinander bestimmt spätere Bindungen im Leben deines Kindes 

Über deine feinfühligen Reaktionen auf die Suche nach Nähe, Schutz und Geborgenheit entwickelt dein Baby ein sogenanntes „inneres Arbeitsmodell“, eine innere Repräsentation von Bindung. Dieses „Bild“ von Bindung hilft deinem Kind im späteren Leben Beziehungen einzugehen und zu erhalten. Unterschiedliche Bindungspersonen führen zu unterschiedlichen inneren Repräsentationen von Bindung und das ist auch genau richtig so: Bindung ist sehr individuell und als Mensch haben wir ganz unterschiedliche Beziehungen zu unterschiedlichen Personen. 

Ja, genau: Kinder können zu mehreren Menschen Bindungen aufbauen, doch diese sind klar hierarchisch geordnet. So ist die Person, die die Bedürfnisse am passendsten und treffsichersten erfüllt, in der Bedürfnispyramide als primäre Bezugsperson verankert. 

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Vertraue Dir selbst! 

Eltern verfügen grundsätzlich über sogenannte „intuitive elterliche Kompetenzen“ (Papousek). Das bedeutet, dass Du als Mutter oder Vater über ein implizites Wissen verfügen, was Dir hilft, die Bedürfnisse Deines Säuglings wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Wir sind mit einem Verhaltensrepertoire ausgestattet, das aktiv wird, sobald ein Baby weint. Im Prinzip wissen wir, wie man ein Baby beruhigt, wie wir Anregungen angemessen dosieren und wie wir mit unserer Sprache, Mimik und Gestik auf das Baby reagieren müssen. 

Diese wechselseitige Kommunikation führt dazu, dass dein Baby lernt, dass es sich auf Bezugspersonen verlassen kann, dass es gesehen und beruhigt wird, wenn es sich meldet. Die Selbstwirksamkeit deines Babys wird gestärkt. Gleichzeitig führt eine solche gelungene Interaktion dazu, dass Du als Mama Vertrauen in deine Fähigkeiten fasst, sodass ihr euch beiderseitig positiv verstärkt. 

Die Realität ist oft anspruchsvoll

Manchmal jedoch verlaufen Interaktionen miteinander nicht so harmonisch wie eben beschrieben. Zu unseren intuitiven Fähigkeiten kommen nämlich noch eigene Erfahrungen, eigene Gefühle und momentane Belastungen hinzu. Sicher kennst Du diese Situationen. Du fühlst dich beispielsweise erschöpft von einem anstrengenden Tag und bist total kaputt. In solchen Momenten ist man mehr mit sich selbst beschäftigt und es fällt schwer feinfühlig auf das Baby einzugehen. Das kann dazu führen, dass das Baby noch mehr Bindungsverhalten zeigt: Es wird unsicher, weil Du nicht genau so reagierst, wie es Dein Baby gerade braucht. Und auch die Bindungsperson wird unsicher, weil das Baby vielleicht stärker weint. Dadurch kann sich eine negative Spirale entwickeln, die die wechselseitige Kommunikation stark negativ belasten kann.

Ich möchte Dich nicht verunsichern! Es ist überhaupt nicht notwendig, dass Du immer jedes Signal richtig interpretierst. Babys sind unheimlich anpassungsfähige Wesen und können damit umgehen, wenn nicht jegliche Interaktion immer absolut richtig und perfekt ist.  

Du musst nicht perfekt sein: Gut genug reicht aus!

Der Kinderpsychoanalytiker Winnicott bezeichnet das als „good enough“ Mutter. Am Anfang des Lebens ist es toll, wenn Du immer prompt und angemessen auf die Signale deines Babys reagieren kannst. Doch mit wachsenden Fähigkeiten deines Babys kommt auch immer mehr das „wahre Leben“ dazwischen und es ist okay, wenn dein Baby auch mal quengelt, bevor ein Bedürfnis befriedigt wird. Damit meine ich z.B. das Quengeln, bevor das Essen fertig ist oder das Quengeln, weil ein Spielzeug zu weit weg liegt.  Ich meine damit explizit nicht, dass Du dein Baby weinen lassen sollst, um “es nicht dran zu gewöhnen, dass MaPa immer springt”. Solche fragwürdigen "Ratschläge" und Empfehlungen finden sich z.B. häufig in sogenannten "Schlaftrainings", von denen ich mich klar distanzieren möchte. Über die Gefahren und Risiken von Schlaftrainings auf die Bindung zu deinem Baby kannst du z.B. hier nachlesen. 

Die Art von Quengeln, die ich meine, ist wichtig für die Entwicklung, da dein Baby so lernt, für kurze Zeit Bedürfnisse aufzuschieben und Frustration auszuhalten. Ab ca. 6 Monaten können die Selbstregulationsfähigkeiten eines Babys langsam und behutsam unterstützt werden. Mehr dazu liest Du hier. Einem Kleinkind jedem Wunsch von den Augen abzulesen ist kein Zeichen für gute Bindung. Es führt vielmehr nur dazu, dass dein Baby nicht selbst befähigt wird, etwas zu erreichen und sich selbst und die eigenen Gefühle zu verstehen. Der Unterschied liegt darin, dass wir unser Baby dabei liebevoll begleiten, wenn äußere Umstände dazu führen, dass ein Bedürfnis nicht sofort erfüllt werden kann, weil z.B. die Zubereitung des Essens noch Zeit erfordert.

Auf Basis Deiner Bindung entdeckt Dein Kind die große weite Welt

Neben dem Bindungsverhaltenssystem gibt es auch das Explorationsverhaltenssystem. Das bedeutet, dass Kindern ein ur-eigenes Interesse an der Welt gegeben ist, die sie entdecken möchten. Das können sie aber nur, wenn das Bindungssystem nicht aktiv ist, sie also in voller Geborgenheit mit einer sicheren Basis aufwachsen können. Von dieser sicheren Basis aus trauen sich Kinder, sich mit zunehmendem Lebensalter immer weiter zu entfernen und die Welt zu erkunden. 

Die Kinder beginnen, immer ein Stückchen weiter zu krabbeln, doch versichern sie sich dabei stets mit Blicken bei ihren Bindungspersonen, ob alles okay ist. Wenn Mama oder Papa dann einen entspannten Gesichtsausdruck haben, erkennen die Kinder, dass hier ein sicherer Ort ist und sie ruhig weiter auf Erkundungstour gehen können. Sollten die Eltern einen ängstlichen Gesichtsausdruck haben, sind auch die Kinder verunsichert und kehren lieber wieder zu ihren Bezugspersonen zurück. 

Du siehst, eine gute und sichere Bindung ist eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung Deines Kindes. Wenn Dir mein Beitrag gefällt, dann freue ich mich über Deine Kommentare. Wann fällt es Dir leicht feinfühlig zu sein und wann eher nicht?

Deine Annika

Know-Wow

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Hi, ich bin Annika, Expertin für frühkindliche Entwicklung und Spezialistin für die Beratung von Familien. Ich zeige dir, wie du dein Kind friedlich und bedürfnisorientiert durch die Autonomieentwicklung ("Trotzphase") begleitest.

Bedürfnisorientiert. Selbstbestimmt. Ganzheitlich.

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