Mai 9, 2022

Ist „Loben“ das neue Schimpfen?!

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Das Thema „Loben oder nicht“ ist eigentlich gar nicht so schwer und doch scheiden sich daran die Geister. Es ist wie ein Scheideweg in der bedürfnisorientierten Welt, ob du dein Kind lobst oder nicht. Früher wurde quasi gesagt: So viel loben wie möglich!!! Gerade bei Kindern, die unsicher sind, kannst du mit Loben nichts falschmachen. Und plötzlich sickerte ein neuer “Trend” durch: Hör bloß auf dein Kind zu loben, damit zerstörst du seine ureigene, innere Motivation und den Selbstwert deines Kindes! Du bewirkst, dass dein Kind verinnerlicht, dass es nur gut und wertvoll ist, wenn es etwas leistest und du machst es abhängig von deinen Bewertungen.

Dabei gibt es da noch viel mehr Schattierungen als nur Schwarz oder Weiß, als nur “Lob Ja oder nein!”. Und auf diese Schattierungen wollen wir heute eingehen.

Vielleicht fragst du dich, wieso man plötzlich nicht mehr loben soll, daher klären wir mal ein paar Fragen.

Das erfährst du in dieser Folge:

  • Warum wird Loben inzwischen kritisch gesehen?!
  • Was sagt die Wissenschaft dazu? 
  • Was bedeutet das für meinen Alltag? 

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Inhalt:

  • In einigen Erziehungsratgebern oder Broschüren heißt es auch, dass man nie genug loben kann.
  • Dass ganz viel und überschwängliches Lob Kindern mit niedrigem Selbstwertgefühl und niedriger innerer Motivation helfen könnte, sich etwas zuzutrauen. 
  • Viele Eltern und teilweise auch pädagogische Fachkräfte meinen es also echt gut und loben die Kinder sehr stark. Nicht nur „Das hast du gut gemacht!“, sondern „Das hast du wirklich unglaublich großartig gemacht!!!“
  • Und plötzlich sickerten neue Ansichten durch: Hör bloß auf dein Kind zu loben, damit zerstörst du seine ureigene, innere Motivation und den Selbstwert deines Kindes! Du bewirkst, dass dein Kind verinnerlicht, dass es nur gut und wertvoll ist, wenn es etwas leistest und du machst es abhängig von deinen Bewertungen.
  • Das Problem dabei: Ein komplexes Thema wird so heruntergebrochen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse stark vereinfacht werden und dann werden relativ unreflektiert Empfehlungen wie “Am besten hörst du auf, dein Kind zu loben” gegeben, ohne Alternativen anzubieten.  Und so werden Eltern, die bisher einen - für die kindliche Entwicklung - angemessenen Umgang mit Lob bzw. Wertschätzung hatten, verunsichert. Eltern fühlen sich persönlich angegriffen und viel schlimmer: verunsichert, weil sie Gefahr laufen, jahrelang etwas falsch gemacht zu haben und nun ihrem Kind geschadet zu haben. 
  • Oder es gibt die Konstellation, dass Eltern sich entscheiden, den gewohnten Pfad zu verlassen und weniger bewertend zu loben, die dann aber verunsichert werden, weil das Umfeld immer noch genauso lobt wie früher. Und die sich dann fragen: Was tun, wenn Oma, Opa, Onkel, Tante so mit meinem Kind sprechen? Zerstören die dann seinen Selbstwert? 
  • Verunsicherung ist etwas, was Eltern echt nicht gebrauchen können
  • Ich kenne durchaus Kinder, die sehr stark die Bewertung ihrer Bezugspersonen verlangen und sehr darauf angewiesen sind, immer wieder bestätigt zu bekommen „Bin ich schick angezogen? Findest du das Bild schön? Hab ich das gut gemacht?“ und klar. Das ist traurig. Und da können wir – wenn die Bezugspersonen eine Offenheit dafür signalisieren, durchaus versuchen zu sensibilieren, dass man auch anders loben und echt Wertschätzung zeigen kann

Aber dieses Verteufeln vom Loben – da kann ich nicht komplett mitgehen.

Warum wird Loben so kritisch gesehen?

  • Loben kann manipulativ sein. Loben kann unehrlich wirken. Loben kann gönnerhaft und von oben herab sein. Loben kann adultistisch sein. Loben kann dazu führen, dass Kinder mit niedrigem Selbstwert sich noch weniger zutrauen. Loben kann dazu führen, dass ein Kind immer wieder nach deiner Bewertung fragt. 
  • Das stimmt alles.
  • Und das bedeutet in der Folge auch, dass Kinder verinnerlichen, dass sie nur dann „gut und wertvoll sind“, wenn sie was „gut“ gemacht haben…
  • Das ist natürlich total traurig, wenn Kinder so sehr auf Bewertungen angewiesen sind, dass sie immer nur fragen, ob sie was gut gemacht haben oder ob ihr Bild schön ist und nicht von innen heraus sagen: Hey, das hab ich echt allein geschafft.
  • Doch wenn plötzlich alle verunsichert sind und sich nicht mehr trauen irgendwas zu sagen, dann kommt natürlich keine Lockerheit und keine Authentizität in die Interaktion. 
  • Dann ist es total verkrampft, wenn Menschen nur noch im Hinterkopf haben: wenn mein Kind gelobt wird, wird seine ureigene, innere Motivation und der Selbstwert zerstört! 
  • Puh… gibts da nicht irgendwas dazwischen, fragst du dich jetzt vielleicht.
  • Je nachdem, auf welchem Spielplatz du dich so aufgehalten hast, wurdest du vielleicht schon argwöhnisch beäugt, wenn du dein Kind gelobt hast, weil es endlich geschafft hat, das Klettergerüst hochzuklettern.
  • Darf es du das also? Loben? Oder hat dein Kind dann keine Chance mehr auf einen Schulabschluss, eine Ausbildung und einen Job und wird später mal People Pleaser, wenn du es stets und ständig positiv verstärkst wie einen Hund, der brav bei Fuß gelaufen ist?!

Was sagt die Wissenschaft dazu?

Ich habe mich für diese Folge mal mit den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandergesetzt und ziehe eine Meta-Analyse von Dr.Tomasik von der Universität Zürich heran. Er hat sich Studien angeschaut, die sich auf übertriebenes, überschwängliches Loben beziehen und wie sich dieses übertriebene Lob auf Kinder mit eh schon geringem Selbstwertgefühl auswirkt.

Es gibt unterschiedliche Arten zu loben

  • Es ist ein Unterschied, ob wir angeborene Eigenschaften und unveränderlicher Fähigkeiten loben oder die Mühe, die sich ein Mensch gegeben hat.
  • Es macht einen Unterschied, ob wir den Menschen in seinen Aktivitäten wirklich SEHEN oder ob wir einfach schnell mal ein Lob dahinwerfen.
  • Viele wissen inzwischen schon, dass Fähigkeiten zu loben („Du bist so clever“) im Gegensatz zu Anstrengungsloben („Du hast dir echt Mühe gegeben und nun hast dus geschafft“) dazu führt, dass Kinder in Zukunft herausfordernde Aufgaben eher meiden.
  • Kinder, die nicht bewertet, sondern einfach in ihren Mühen gesehen und wertgeschätzt werden, verinnerlichen, dass sie bedingungslos wertvoll sind. Alfie Kohn sagt dazu z.B.:

 „Menschen, die wissen, dass sie unabhängig von ihren Leistungen geliebt werden, erreichen oft ziemlich gute Leistungen. Das Wissen, bedingungslos angenommen zu werden, hilft ihnen, ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln und Mut zu haben, Risiken einzugehen und neue Dinge zu probieren.“

Was wurde untersucht?

  • Doch zurück zur Studie: In den Studien, die da ausgewertet wurden, wurde geschaut, welche Aufgaben Kinder sich aussuchen, wenn sie nach der 1.Aufgabe von ihren Eltern auf unterschiedliche Art gelobt wurden. Manche Eltern haben das überschwänglich gemacht und manche nicht. 
  • Außerdem wurde vorher das Selbstwertgefühl der Kinder gemessen.
  • Heraus kam bei den Studien: 
  • Kinder mit niedrigem Selbstwertgefühl haben sich ohne oder mit „angemessenem Lob“ schwierige Bilder zum Malen ausgesucht.
  • Aber: Kinder mit niedrigem Selbstwertgefühl, die überschwänglich gelobt wurden - in der guten Absicht, das Selbstwertgefühl zu fördern, trauten sich in der Folge wirklich deutlich weniger schwierige Aufgaben zu!.
  • Die Studien zeigen also das, was – in seiner Komplexität reduziert – durch Instagram geistert: Loben hat Schattenseiten, besonders das überschwängliche und besonders, wenn das Selbstwertgefühl des Kindes eh schon niedrig ist.
  • Aber sie zeigten auch: Die Art des Lobes hatte keinen negativen Einfluss bei Kindern, die ein hohes Selbstwertgefühl haben

Und diese Aussage zeigt mir: Wir können uns reflektieren und unsere Sätze hinterfragen, aber gleichzeitig auch die Kirche im Dorf lassen.

  • Meine persönliche Meinung ist, dass Loben grundsätzlich erstmal eine positive Interaktion sein kann.
  • Wichtig ist, dass es ehrlich gemeint und nicht nur nebenher gesagt ist.
  • Es gibt immer überall Optimierungsbedarf, aber ganz ehrlich: Es gibt so viele Stellen, an denen wir im Umgang mit Kindern noch was zu tun haben und wo es mehr Respekt und Wertschätzung Kindern gegenüber bedarf, da ist das „richtige“ Loben echt das Sahnetüpfelchen.
  • Aber im Großen und Ganzen kommt es auf das richtige Maß an und dass man das Loben nicht verteufelt
  • Und weißt du was? 
  • Ich kann mich über Fortschritte und Leistungen eines Kindes MIT dem Kind gemeinsam freuen und die Bewertung dazu einfach weglassen.

Ich gebe euch gerne ein paar Impulse mit auf den Weg:

Impuls Nr. 1

  • Vermeidet solche Bewertungen und Kommentare wie “Du warst aber brav” (Was ist überhaupt schon brav?!) oder “Du hast aber toll aufgegessen!”. Als Alternative zum Brav-Sein könntest du ja sagen, warum es dir geholfen hat, dass dein Kind z.B. kooperiert hat: “Danke, dass du kurz still warst, als ich mich mit xy unterhalten habe. So konnte ich gut zuhören.” Essen sollte niemals bewertet werden, denn Kinder brauchen nicht uns zuliebe essen!

Impuls Nr. 2

  • Wenn dein Kind dir z.B. ein Bild zeigt, kannst du natürlich sagen, dass es dir gefällt, falls es das tut. Aber anstatt einfach nur “toll gemacht” zu sagen, könntest du auch beschreiben, was du siehst, was dir besonders gefällt, uvm.

Impuls Nr. 3

  • Wenn dein Kind lange etwas probiert und es das dann schafft, kannst du genau das benennen: Wow, du hast so lange probiert, hier hochzuklettern und nun hast du’s geschafft. Und freu dich ruhig mit deinem Kind über dieses Ereignis!

Impuls Nr. 4

  • Wenn jemand anderes dein Kind “oldschool” lobt, dann hab keine Angst, dass das nun den Selbstwert oder die Motivation deines Kindes völlig zerstört. Da hängt viel mehr dran, als nur ein Kommentar von irgendwem gelegentlich.


Ich hoffe, ich konnte ein wenig Licht ins Dunkel bringen und dir das Vertrauen zurückgeben, dass Loben kein Teufelswerk ist und dass es wesentlich schlimmeres gibt. Und trotzdem darf man zwischendurch ein wenig reflektieren, warum ein “Gut gemacht!” inflationär verwendet, hinterfragt werden sollte.

Know-Wow

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Hi, ich bin Annika, Expertin für frühkindliche Entwicklung und Spezialistin für die Beratung von Familien. Ich zeige dir, wie du dein Kind friedlich und bedürfnisorientiert durch die Autonomieentwicklung ("Trotzphase") begleitest.

Bedürfnisorientiert. Selbstbestimmt. Ganzheitlich.

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