Letzte Woche haben wir uns sehr ausführlich die verschiedenen Gründe und Ursachen für “aggressives” Verhalten im Kleinkindalter angeschaut. “Aggressiv” setze ich hierbei in Anführungszeichen und du erfährst auch gleich, warum. Falls Du den Beitrag verpasst hast, dann schaue gern noch einmal HIER vorbei und erfahre die Gründe für Hauen, Kratzen, Beißen im Kleinkindalter.
Bestandteil eines Lernprozesses
Wenn Du diese Hintergründe und Ursachen berücksichtigst, dann wird Dir deutlich, dass sich dein Kind mitten in einem Lernprozess zum Umgang mit Emotionen befindet. Und das braucht Zeit. Genauso wie sich dein Kind beim Laufen oder Sprechen ausprobiert und vortastet, so ist es auch beim Umgang mit den eigenen Emotionen und Konflikten ein stetes Ausprobieren neuer Wege, Verwerfen und Beibehalten von Strategien.
"Ich weiß, das ist eine sehr anstrengende Zeit für viele Eltern."
Wichtig ist mir noch hinzuzufügen, dass es bei Kindern unter 3 Jahren noch keine Aggressivität im eigentlichen Sinne gibt. Wir können nicht sagen “Dieses Kind ist aggressiv”, denn das würde voraussetzen, dass das Kind weiß, was es beim Gegenüber auslöst. Doch häufig ist es, wie du inzwischen weißt, z.B. ein Versuch zur Kontaktaufnahme, eine ungünstige Art zu kommunizieren oder ein Akt der Überforderung.
Für Dich als Bezugsperson bedeutet dies, dass Du, wie bei anderen Lernprozessen auch, Dein Kind begleiten und unterstützen sowie richtige Alternativen aufzeigen solltest.
Gelegentlich höre ich auch, wie Kinder stigmatisiert werden mit “Das ist der Beißer”.
Das finde ich schade und unfair. Kinder, die beißen, wissen sich erstmal nicht anders zu helfen.
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5 Tipps, wie Du reagieren kannst
Der erste entscheidende Tipp (und der gehört noch nicht zur Liste 😉 ) ist, dass Du reflektierst, welcher der letzte Woche beschriebenen Gründe der Auslöser für das Verhalten sein könnte. Dadurch kannst du für die Zukunft vielleicht Situationen anders gestalten und zum Beispiel eine Reizüberflutung vermeiden. Was zählt, ist wirklich das genaue Hinschauen und Beobachten.
Ich möchte Dir nun aber Tipps mit an die Hand geben, wie du in der konkreten Situation reagieren könntest. Denn auch damit beeinflusst Du wesentlich, ob es nochmal vorkommt.
Tipp 1: Ruhig bleiben und nicht in Panik geraten
Du hast hier gelernt, dass Hauen, Kratzen und Beißen kein völlig ungewöhnliches Verhalten bei Kindern ist. Ich hoffe, das nimmt Dir etwas den Schockmoment und lässt Dich Ruhe bewahren. Darauf kommt es auch sehr an. Wenn Du in der Situation Hektik und Trubel erzeugst, dann speichert Dein Kind ab, dass es sehr viel Aufmerksamkeit bekommt, wenn es haut, kratzt oder beißt. Und Aufmerksamkeit ist für Kleinkinder erstmal sehr spannend. Doch eigentlich zeigt uns das Kind damit nur, dass es mehr gesehen werden muss. Es ist unsere Aufgabe, das Bedürfnis nach Nähe und den Tank nach Sicherheit und Geborgenheit zu erkennen und aufzufüllen, bevor es die Strategie ergreifen muss.
Tipp 2: Dem verletzten Kind helfen und das andere Kind einbeziehen
Wenn ein Kind haut, kratzt oder beißt solltest Du natürlich eingreifen und am besten mit kurzen Stopp-Sätzen wie “Stopp, hör auf.”, die Situation beenden. Du solltest dann auch zunächst dem verletzten Kind Trost spenden, aber das “beißende” Kind nicht allein stehen lassen.
Es bringt nichts, in dieser Situation zornig oder wütend auf das Kind zu reagieren, welches gehauen, gekratzt oder gebissen hat. Es versteht es diese Zurechtweisung noch nicht und es hilft, wenn die Situation ruhig und klar besprochen wird: “Schau mal, xy weint. Beißen tut weh. Möchtest Du mir helfen, zu trösten?”
Tipp 3: Die Situation für beide Kinder klären
Es ist wichtig, dass du die Situation für beide Kinder auflöst. Das beißende Kind könnte selbst erschrocken und traurig über das Weinen des anderen Kindes sein, weil es eigentlich nur Kontakt aufnehmen wollte. Aber vielleicht war es auch wütend, weil es sein Spielzeug verteidigen wollte. Sprich es direkt an und gib dem Kind eine andere Lösungsmöglichkeit für die Zukunft. Du könntest sagen “Du bist wütend, weil Marta deine Puppe haben wollte.
Sag bitte nicht “Beißen tut man nicht.”, denn das ergibt eigentlich keinen Sinn. Denn wir alle beißen. Wichtig wäre es dem Kind eine Alternative aufzuzeigen und zu sagen “Man beißt keine Menschen, aber zum Beispiel einen Apfel oder Brot.”
Tipp 4: Beiße nicht dein Kind.
Auch wenn es dir vielleicht absurd erscheint, manche Eltern sehen das als letzten Ausweg: “Damit das Kind mal lernt, dass das wehtut!” Ich sehe und höre tatsächlich gelegentlich, dass Eltern als Reaktion ihrem Kind deutlich machen wollen, dass Hauen, Kratzen und Beißen schmerzhaft ist. Demzufolge kratzen oder beißen sie zurück. Dadurch erreichst Du aber nur das Gegenteil von dem, was Du möchtest. Dein Kind ist zunächst erschrocken und enttäuscht, dass es von einer nahestehenden Bezugsperson Schmerzen erfährt. Es kann nicht verstehen, dass damit gemeint ist, dass es einem anderen Kind auch wehgetan hat und wird es so interpretieren, als wäre Hauen, Kratzen und Beißen anscheinend ein angemessenes Verhalten.
Tipp 5: Schlussstrich ziehen und Alternativen bieten
Wenn Du eine Idee hast, was der Auslöser für die Reaktion des Kindes war, dann kannst du versuchen Alternativen zu bieten, um den Konflikt zu vermeiden. Wenn der Auslöser zum Beispiel ein Spielzeug war, kannst du andere Spielzeuge anbieten und dadurch vielleicht den Frust und Zorn auflösen. Vielleicht benötigt dein Kind auch einen kühlenden Beißring, der dem schmerzenden Kiefer entgegen wirkt.
Damit verbunden ist auch, dass Du unter die Situation einen Schlussstrich ziehst und die Kinder wieder ins Spiel entlässt (zusammen oder getrennt). Ich hoffe es ist aus meinem Beitrag deutlich geworden, dass es nichts bringt, nachtragend mit dem Kind zu sein. Auch weiterführende Maßregelungen sind unangebracht.
Mit diesem Hintergrundwissen und Tipps bist du gut gewappnet, falls Dein Kind mal in Situationen mit Hauen, Kratzen oder Beißen involviert ist. Ich wünsche Dir, dass es dir gelingt, entsprechend besonnen zu reagieren und dass du dich daran erinnerst, dass es in der Regel eine Reaktion ist, die Ursachen hat, denen wir auf den Grund gehen können.
Deine Annika
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