Juni 1, 2020

Wie Du dein Baby unterstützen kannst, sich selbst zu beruhigen

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Gestern habe ich eine kurze Umfrage gemacht, ob ihr lieber etwas zum Thema Selbst- und Coregulation lesen möchtet oder zum Thema „Spielideen im ersten Lebensjahr“. Der Sieg ging knapp an Selbst- und Coregulation, doch es war tatsächlich so knapp, dass ich eh beide Themen in naher Zukunft behandeln werde 😊

Was bedeutet eigentlich Regulation?

Jeder Mensch kommt mit Fähigkeiten auf die Welt, sich mit der Umwelt auseinanderzusetzen und auf (neue) Reize zu reagieren. Babys können diese Reize aufnehmen und verarbeiten oder aber sie schotten sich ab, wenn etwas zu viel wird. Diese Fähigkeiten nennen sich Selbstregulation und sind unterschiedlich stark ausgeprägt.  

Ich finde dieses Thema unheimlich spannend, da es so individuell ist. Viele verschiedene Kinder habe ich bereits mit ehrlicherweise unterschiedlichem Erfolg in den Schlaf begleitet und die Kinder mit ihren stets sehr unterschiedlichen Strategien unterstützt. Viele Kinder habe ich bereits in ihren überwältigenden Emotionen wie Wut oder Trauer begleitet und auch hierbei stets sehr individuelle Strategien gesehen und sehr unterschiedlichen Erfolg gehabt.

Hier lässt sich wieder eines festhalten: Es gibt kein Pauschalrezept, um eine gelungene Coregulation durchzuführen. Jedes Kind ist anders und benötigt etwas anderes, um sich mit Unterstützung zu beruhigen. Manchmal klappt es auch mit einer anderen Person besser, was besonders im Kitakontext professionell berücksichtigt werden sollte.

Manche Kinder haben schon in den ersten Lebenstagen eine Bandbreite an Verhaltensmöglichkeiten, um sich zu regulieren. Strecken, räkeln, nuckeln, saugen, Blick abwenden sind alles Aktivitäten, um sich wieder zu entspannen. Andere Kinder sind schon bei kleinsten Reizen extrem irritiert und benötigen mehr Unterstützung, um die Balance zurückzufinden. Eltern können also darauf Einfluss nehmen und mit ihrem Verhalten diese Kompetenzen stärken. Wir coregulieren unser Kind, damit es langfristig gestärkt ist, um sich selbst zu regulieren. Aber: „Entspannte Eltern, entspanntes Kind“ greift zu kurz, da jedes Kind ein anderes Repertoire mitbringt. Manche Kinder müssen auch z.B. eine komplikationsreiche Geburt verarbeiten.

Nun möchte ich aber mal von vorne anfangen:

Das Leben eines jeden Menschen besteht aus entspannten und angespannten Situationen. Belastungen und Anspannungen gehören genauso wie entspannte Dinge zum Leben dazu. Das ist völlig okay und ihr braucht bzw. solltet euer Baby nicht vor jeder Stresssituation beschützen. Denn wenn es diese mit eurer Hilfe erfolgreich bewältigt, wird seine Frustrationstoleranz, also die Fähigkeit für zukünftige Stresssituationen gewappnet zu sein, gestärkt.

Belastungen können ganz unterschiedlicher Art sein. Hunger, Durst, zu viele Reize, die Außen- oder Körpertemperatur, verschiedene Übergänge wie z.B. Kleidungswechsel, Ortswechsel und vieles mehr können mögliche Belastungen sein. Ihr seht, diese Belastungen gehören zum Leben dazu und ihr könnt euer Kind nicht davor bewahren. In den ersten Lebenswochen und Monaten lernen Kinder, diese Übergänge mit eurer Hilfe zu meistern. Menschen sind in der Lage sich selbst bei Stress zu regulieren. Am besten gelingt ihnen das, wenn sie anfangs genug Unterstützung und Beistand, also Coregulation hatten.

Was passiert bei Euch persönlich, wenn Ihr Stress habt?

Vielleicht bekommt ihr rote Flecken, schnellere Atmung, eine zittrige Stimme oder einen ruppigen Tonfall. Vielleicht merkt ihr, dass euer Nacken angespannt ist und ihr eure Schultern hochzieht. Eure Kinder haben ganz ähnliche körperliche Zeichen, wenn sie in Stress geraten. Ich werde euch nun ein paar Feinzeichen nennen, die ihr bei euren Babys erkennen könnt, wenn es gerade eine Belastung hat. Diese Zeichen können neutral bewertet werden, wie gesagt: Es ist normal, dass ein Mensch gelegentlich diese Zeichen zeigt. Wir helfen unseren Kindern, wieder in seine Balance zu finden.

Ein Baby zeigt, dass es Stress hat, indem es:

  • den Blick abwendet, die Augen sind weit und unfokussiert
  • quengelt, schreit
  • es macht fahrige Bewegungen, rudernde Arme
  • Finger gespreizt oder stark gefäustelt
  • Überstreckt, das Köpfchen in den Nacken legt
  • marmorierte Haut bekommt
  • gepresst atmet

Manche Kinder benötigen mehr, andere weniger Unterstützung, um sich wieder zu entspannen.  

Ein Baby hat bereits verschiedene Möglichkeiten zur Selbstregulation:

  • der Blick wendet sich ab, „saugt sich fest“. Manche Kinder drehen ihren Kopf zur Seite, schauen einen Gegenstand länger an und finden so wieder in ihre Balance.
  • Es blinzelt, schließt die Augen
  • Es führt seine Finger/Hand zum Mund, saugen (hierbei ist es kein Zeichen von Hunger)
  • Hände/Füße werden über die Körpermitte zusammengeführt
  • Füße suchen Kontakt zur Bezugsperson (z.B. beim Wickeln oder Umziehen)

Wenn ihr viele Belastungszeichen wahrnehmt, braucht euer Baby umso mehr Hilfe von außen, um sich selbst zu beruhigen. Es braucht dann Wärme, Ruhe und Geborgenheit.

Wir müssen uns also folgende Fragen stellen:

  • Was macht unser Baby? Was zeigt es uns?
  • Wie geht es ihm/ihr gerade?
  • Was braucht er/sie? Ist Hilfe von außen notwendig?

Häufig hilft es, wenn ihr mit einer beruhigenden Stimme euer Baby ansprecht, ihm die Hand auf den Bauch legt.  Wenn das Baby seinen Blick abwendet, dann möchte es nicht, dass ihr mit dem Spielzeug folgt und ihm eine weitere Anregung gebt.

Ihr könntet aber auch in einen ruhigen, reizarmen Raum gehen. Gebt eurem Baby Begrenzung, indem ihr es hochnehmt und leicht schaukelt. Führt die Arme in der Körpermitte zusammen, die Beinchen Richtung Bauch. Wenn euer Baby z.B. beim Wickeln die Füßchen gegen euren Bauch stemmt, dann ist das gerade eine Strategie, um seine Balance zu finden. Ihr könntet eurem Kind dann eine kurze Pause geben und dann weitermachen, wenn sich die Situation aufgelöst hat.

Wenn ihr merkt, dass euer Baby häufig stark überstreckt, ist es ggf. notwendig, das einmal mit einer Fachperson zu besprechen.

Wichtig ist, dass ihr ruhig atmet und nicht zu schnell die Positionen wechselt. Wenn ein Baby z.B. lange schreit, neigt man dazu, viele Dinge in kurzer Zeit auszuprobieren, um dem Baby zu helfen. Allerdings sind bei wechselnden Positionen viele Übergänge dabei, die eine Veränderung und somit einen neuen Reiz für das Baby bedeuten.

Wenn ihr durch das Schreien eures Babys stark erschöpft seid, legt euer Baby kurz ab und wechselt den Raum. Atmet tief durch, schöpft neue Kraft, um eurem Kind dann neu zu begegnen.

Schreibt doch mal in die Kommentare:

Habt ihr bereits gute Regulationsstrategien mit euren Babys entwickelt? Was hilft euch, um gut zusammen „runterzukommen“?

Deine Annika

Know-Wow

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